1001 Kilometer reisen, um über Musikunterricht zu diskutieren?

Warum es sich lohnt, an einem musikpädagogischen Kongress teilzunehmen

 

 

Zum ersten Mal auf einer internationalen Tagung...

 

...die Spannung war vorprogrammiert. Was würde einen dort erwarten? Welche Menschen würde man Treffen? Kann man wirklich vier Tage lang über Musikpädagogik diskutieren? Was für ein Kongress sollte das überhaupt sein? Veranstaltet wurde er von der…

 

 

European Association for Music in Schools

 

– kurz EAS. Ein Blick auf die Geschichte dieses Verbandes bringt interessante Erkenntnisse: So fand das Gründungstreffen 1990 statt – und zwar in Lübeck! Im Zuge der 18. „Bundesschulmusikwoche”, veranstaltet vom Verband Deutscher Schulmusiker fand ein Forum unter dem Titel “Perspectives of Music Education in new Europe” statt. Ziel dieses Forums war es, einen einheitlichen Stand der Musikausbildung in Schulen und einen Austausch zwischen den „alten” und „neuen” Bundesländern zu erreichen. Dies war in Anbetracht der Wiedervereinigung ein spannendes Unterfangen, da bekanntermaßen ein verändertes Europa entstanden war. Das Thema der Konferenz lautete entsprechend: „Within borders – Beyond borders”.

Doch bevor es so richtig losging, mussten wir uns erst mal

 

das Drumherum

 

genauer ansehen.

 


Salzburg – Mehr als nur Mozart

 

Denn eine so schöne Stadt wie Salzburg hat natürlich auch abseits von Forschung und Vorträgen viel zu bieten. Es lohnte sich, die freie Zeit nicht nur im Hotel zu verbringen, auch wenn das Hotel, in unserem Fall das Gästehaus im Priesterseminar, nur schwer zu toppen war. Einfach die Stadt erkunden, sich in ein Café setzen oder die Aussicht auf die Stadt von der Festung Hohensalzburg genießen, sind Möglichkeiten, die man sich nicht entgehen lassen sollte.

 

 




 

 





Musikalisches Rahmenprogramm

 

Auch das vielfältige Rahmenprogramm macht eine solche Tagung spannend und abwechslungsreich. Alleine die Eröffnungsfeier, bei der als Welturaufführung Arrangements für 5 Blockflöten und 4 Tuben (!) erklangen, war schon den Flug nach Salzburg wert: So schnell wird man “Can’t stop” von den Red Hot Chili Peppers wahrscheinlich nicht mehr in solch historischer informierter “Aufführungspraxis” erleben.



 




 



Beeindruckende Lunchkonzerte umrahmten das Mittagsbuffet im Foyer des Mozarteums. Auch die musikalische Stadtführung, bei der kleine Konzerte an den historisch bedeutenden Orten Salzburgs (Mozarts Wohnhaus, Dom etc.) besucht wurden, wird sicher den Kongressteilnehmer*innen lange in Erinnerung bleiben, ebenso und insbesondere:

 

das Conference Dinner.

 

Der nicht-wissenschaftliche Höhepunkt der Konferenz war zweifellos das “Conference Dinner”. In riesiger Gesellschaft von Musikpädagog*innen wurde ein Festmahl aufgetischt, das seinesgleichen sucht.










 

Es war sicher das erste Mal, dass im “Stieglkeller” spontan ein fünfstimmiger Kanon in fünf verschiedenen Sprachen erklang. Die Stimmung war großartig und zu den volksmusikalischen Klängen eines hochschulischen Kammermusikensembles wurde ausgelassen getanzt. Inwiefern der österreichische Obstler oder die Musik mehr zur interkulturellen Verständigung beigetragen haben, muss an dieser Stelle offen bleiben, es war auf jeden Fall ein grandioser Abschluss der Konferenz, deren Inhalte aber nun doch auch zumindest noch kurz erwähnt werden sollen:

 

Zur Sache: Die Konferenz





 

 




 

 

Schulbesuche

 

Sie ist Segen und Fluch jedes Lehramtsstudiums: Die Unterrichtsbeobachtung.

Meist gefürchtet von Unterrichtenden unter den reflektierenden Augen derjenigen, die es vielleicht besser, zumindest aber länger können. In Österreich sind nicht nur die Klassenstufen anders angeordnet (Klasse 6 = Klasse 2), sondern an diesen Kongresstagen auch das uns bekannte Verfahren der Unterrichtsbeobachtung. So durften wir als Konferenz-Teilnehmer*innen unter den verschiedenen Schularten, die Österreich zu bieten hat auswählen und die Rolle der Beobachtenden einnehmen.

 








 

Gleich am ersten Tag, nachdem es die ganze Nacht geschneit hatte, besuchten wir die Schulen, die alle unterschiedliche Schwerpunkte und Profile anbieten. So erlebten wir u. a.  Musikunterricht in einer Musikklasse und staunten nicht schlecht über das hohe Niveau. Afrikanische Gesänge einer katholischen Jungenschule werden ebenso in Erinnerung bleiben, wie die intensiven Proben eines Schüler-Sinfonieorchesters.

 

 

(Die guten) Vorträge

 

„Keynotes“, „Practice Papers“, „Research Papers“, „Workshops” – das alles im Wechsel von 9–20 Uhr und aus den unterschiedlichsten Ländern (Australien, China, Kanada, Polen, Schweden u.v.a.m.). Es war sehr aufschlussreich zu sehen, welche Projekte in anderen Regionen der Welt durchgeführt werden und auch wenn nicht jedes Projekt die musikpädagogische Welt neu erfand, so konnte man doch von zahlreichen Ideen profitieren. Viele der Forschungsfragen beschäftigten sich mit der alltäglichen Praxis als Musiklehrende und die Vorträge zeigten durch detaillierte Beobachtungen, dass Musikunterricht durch musikpädagogische Forschung ständig reflektiert und weiterentwickelt werden sollte. Auch die Vorstellung der praktischen Projekte deckte ein breites Spektrum an Themen ab, die im Musikunterricht von großer Bedeutung sind, sei es die Interaktion von Schülerinnen und Schülern, der Umgang mit Inklusion oder der interkulturelle Musikunterricht.

 

(Die wenigen weniger guten) Vorträge

 

„Hüft’s nix, so schodt’s nix!“ oder für Norddeutsche „Auch wenn es nicht hilft, so schadet es nicht.“ So in der Art könnte man die Vorträge beschreiben, die uns zwar sehr diskussionsreiche Abende beschert haben, deren wissenschaftliche Substanz uns aber teilweise verschlossen blieb. Unstrukturierte Projektpräsentationen entpuppten sich als ungeschickt verpackte Werbeveranstaltungen, musikwissenschaftlichen Vorträgen fehlten nicht nur die Visualisierung, sondern eben auch der Bezug zur Musikpädagogik und Studien wurden vorgestellt, denen entweder inhaltliche Stringenz fehlte oder deren Ergebnisse eventuell bei der EAS 2018 ausgereifter und konkreter sein könnten. Wir sind also nicht enttäuscht, sondern hoffen auf die EAS 2018 in Jelgava (Lettland)!

 







 


 

 


Und was hat’s uns gebracht?

 

Wenn wir auf die Tage in Salzburg zurückblicken, kann man sagen, dass wir wirklich tolle Erfahrungen gemacht haben. Es war spannend zu sehen, welche Projekte in anderen Ländern im Musikunterricht mit den Schülern verwirklicht oder wie bspw. Medien kreativ in die Schulstunden eingebunden werden. In Workshops konnte man sich Anregungen holen, im informellen internationalen Austausch mit Kommiliton*innen über das Erlebte diskutieren. Besonders war auf jeden Fall, dass Musikpädagog*innen auch aus unterschiedlichen Lebensphasen, ob schon ‘ewig‘ im Lehrerberuf oder noch als Studierende, zusammenkamen.

Zwischen Vorträgen, musikalischen Stadttouren und Lunchkonzerten haben wir uns auch jeden Tag zur Reflexionsrunde getroffen. Das war ideal, um über die Inhalte der Konferenz ins Gespräch zu kommen, sowie manches auch in Frage zu stellen und zu diskutieren.







 



 




Kurzum: Es waren intensive, spannende, lehrreiche und interkulturelle Tage. Zur Nachahmung empfohlen!

 

 

Maximilian Busch, Sophia Friedmann, Alina Henning,

Henrieke Neubert, Beatrice Werder